Lexikon

Vitamine

(fpl) Lebensnotwendige, essenzielle Substanzen, die der Körper nicht oder nur unzureichend bilden kann. Vitamine gehören zu einer Gruppe von Nahrungsbestandteilen, die nur in geringsten, katalytisch wirksamen Mengen in der Nahrung enthalten sein müssen, im Gegensatz zu →essenziellen Aminosäuren und →essenziellen Fettsäuren. Man benötigt Vitamine weder als Baumaterial für Körpersubstanzen noch als Energielieferanten, sondern um bestimmte Körperfunktionen aufrechtzuerhalten. Die Bezeichnung entstand aus „Vita-Amine“, da man annahm, dass es sich um lebensnotwendige, stickstoffhaltige Verbindungen handle. Heute weiß man jedoch, dass Vitamine untereinander keinerlei chemische Verwandtschaft aufweisen und darüber nur z. T. Stickstoff enthalten. Eine Verbindung ist vielmehr dann ein Vitamin, wenn sie in Spuren notwendig ist, um einen normalen Stoffwechsel zu gewährleisten, und wenn sie der Körper nicht selbst synthetisieren kann. Die heute bekannten Vitamine lassen sich in wasser- (Vitamin C und die B-Vitamine) und fettlösliche Vitamine (Vitamin A, D, E und K) einteilen. Diese Einteilung hat allerdings nichts mit ihren Funktionen zu tun, sondern nur mit ihren chemischen Eigenschaften. Die B-Vitamine (B1, B2, B6, B12, Niacin, Pantothensäure, Folsäure und Biotin) haben gemeinsam, dass sie als Bestandteil von Enzymen und Coenzymen wirksam und für alle Tierarten essenziell sind. Zur Behandlung der Adipositas werden verschiedene →Reduktionsdiäten eingesetzt. Hierzu gibt die Europäische Union →Richtlinien für die Zufuhr von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen bei Verwendung diätetischer Lebensmittel zur →Gewichtsreduktion heraus, um in keine Avitaminosen zu gelangen. Es liegen bisher keine Ergebnisse über den Einfluss von Vitaminen, insbesondere der Vitamine A, C und E, welche man im Zusammenhang mit Antioxidanti-en (→Antioxidans) diskutiert, auf Adipositas oder auf den Misserfolg einer Gewichtsreduktion vor. Aufgrund einer vermehrten Radikalbildung ist jedoch eine Ernährung mit einem hohen Anteil an Antioxidantien zu empfehlen, die in Verbindung mit →sekundären Pflanzenstoffen in natürlicher Vorkommensweise ihre Wirkung zu entfalten scheinen. Insbesondere bei →kalorienreduzierter Mischkost ist eine Adaptierung erforderlich. Formuladiäten (→Formuladiät) sind im Regelfall für den isokalorischen Bereich mit Vitaminen, Antioxidantien, Spurenelementen und Mineralstoffen substituiert.

fettlösliche Vitamine Funktion empfohlene Zufuhr für Erwachsene/d wichtige Quellen Besonderheiten
Vitamin A – Retinoide – Karotinoide Sehvorgang, Aufbau und Erhalt der Schleimhautepithelien und Knorpelgewebe, Erhaltung der Infektabwehr 1,0 (m)/ 0,8 (w) mg-Äquivalent = 6 mg β-Carotin A: ausschließlich intierischen Nahrungsmitteln (Leber, Lachs) β-Carotin (Provitamin A): rote, grüne und gelbe Obstsorten →Verfügbarkeit bei fettarmer Kost (<10 g Fett/Tag)
Vitamin D – Calciferole beeinflusst Kalziumhomöostase und Phosphatstoffwechsel 5 μg Lebertran, Hering, Sardinen, Thunfisch, Eigelb, Milch, -produkte, Margarinezusatz; als Cholecalciferol zur Rachitisprophylaxe wird aus Cholesterin bzw. kann unter Sonneneinwirkung in der Haut selbst synthetisiert werden
Vitamin E – Tocopherole oxidationshemmende Wirkung, schützt vor Oxidation (z.B. unges. Fettsäuren in Zellwänden; Vit. A), antientzündlich 14mg (m)/ 12mg (w) TÄ Pflanzensamen und deren Produkte (z.B. Margarine, Öle), Vollkornprodukte, Gemüse, Eier, Fisch bei Störungen der Fettverdauung, -resorption und zystischer Fibrose kann Vit.-E-Mangel auftreten
Vitamin K – Polyllochinon beteiligt an der Bildung verschiedener Blutgerinnungsfaktoren (z.B. Prothrombin) 70 μg (m)/ 60 μg (w)Vitamin-K-Prophylaxe bei Säuglingen Kohlsorten, Sauerkraut, grünes Gemüse, Garten- und Brunnenkresse; wird auch von Darmbakterien produziert Mangel: bei chron.Lebererkrankung und schwerer Störung der Fettresorption; Blutungen bei Säuglingen

Tab. 36a Übersicht Vitamine (nach Lückenrath in Müller [Hrsg.], Hippokrates Verlag 2001).

wasser-
lösliche Vitamine
Funktion empfohlene Zufuhr für Erwachsene/d wichtige Quellen Besonderheiten
Vitamin B1
Thiamin
als Thiaminphosphat: wichtig für Enzyme, die Kohlenhydrate in Energie umwandeln 1,2 mg (m)
1,0 mg (w)
Scholle, mageres Muskelfleisch(Schwein), Herz, Leber, Ente, Vollkornerzeugnisse Beri-Beri: in Entwicklungsländern bei Eiweißmangel; geht beim Wässern von Kartoffeln und Gemüse verloren
Vitamin B2
Riboflavin
Energiestoffwechsel: Bestandteil von FAD und FMN; wichtig für Haut und Schleimhaut 1,4 mg (m)
1,2 mg (w)
Milch, -produkte, Muskelfleisch, Fisch, Eier, Vollkornprodukte Riboflavin ist lichtempfindlich, darum Produkte in dunklen Flaschen (Milch)
Vitamin B6
Pyridoxin
im Eiweißstoffwechsel an über 50 Reaktionen beteiligt; Blutbildung; Bestandt. der hämbildenden Enzyme; Bildung von biogenen Aminen 1,5 mg (m)
1,2 mg (w)
Schweinefleisch, Leber, Geflügel, Fisch, Kohl, grüne Bohnen, Linsen, Feldsalat, Bananen, Kartoffeln, Vollkorn im Organismus 2–3 Wochen Speicherkapazität; erhöhter Bedarf bei Einnahme von Medikamenten (Pille, Antiepileptika) u. chron. Alkoholkonsum
Vitamin B12
Cobalamin
Bildung und Abbau einzelner Fettsäuren, für den Stoffwechsel der Folsäure notwendig 3µg fast ausschließlich in tier. Lebensmitteln: Eier, Milch, Fleisch, Leber; in geringen Mengen in : Sauerkraut, Bier beim Fehlen des Intrinsic factors(z.B. nach Entfernung des Magens),chron. Magenschleimhautentzündung, ent-zündliche Veränderung der Dünndarmschleimhaut
Niacin Bestandteil von NAD, NADPH; Abbau von Kohlenhydraten, Fetten, Aminosäuren 17 mg (m)
13 mg (w)
Fleisch, Fisch, Leber, Milch, Ei (Getreide), Huhn, Kaffee, Kartoffeln, Erbsen, Champignons 1 mg Niacin kann im Organismus aus 60 mg Tryptophan gebildet werden
Folsäure DNS- und Purinbestandteil: Auf- und Abbau verschiedener Aminosäuren, beteiligt am Homozysteinstoffwechsel Ý beteiligt an der Entstehung der Arteriosklerose 400 µg FÄ (Frauen, die schwanger werden wollen, sollten zusätzlich 400 µg synthetische Folsäure aufnehmen) grünes Blattgemüse, Kohl; Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Gurke, Tomate, Kürbis, Banane, Apfelsine, Avocado, Mango, Leber, Milch, -produkte (Weichkäse), Eier relativ häufige Unterversorgung mit Leitsymptom Anämie; hitze-, sauerstoff-, lichtempfindlich Ý hohe Zubereitungsverluste; Mangel bei Malabsorptionssyndromen, Homocystinurie, katabole Stoffwechsellage, hoher Alkoholkonsum, Schwangerschaft (Neuralrohrdefekt), Stillzeit
Biotin Bildung von Kohlenhydraten und Fettsäuren 30–60 µg (Schätzwert) Leber, Haferflocken, Eigelb, Trockenhefe, Austern, Möhren, Artischocken, Erbsen bakterielle Synthese im Verdauungstrakt
Pantothensäure Bestandteil Coenzym A Ý Endabbau von Kohlenhydraten, Fetten, versch. Aminosäuren, Synthese von Fettsäuren, Steroidhormonen, Cholesterin u. a. 6 mg (Schätzwert) in fast allen Lebensmitteln, besonders Leber, Fleisch, Hülsenfrüchte, Fisch, Milch, Eier, Vollkornprodukte Mangel: „burning feet syndrome“
Vitamin C
Ascorbinsäure
Bildung und Funktionserhaltung der Stützgewebe. Aktivator und Regulator des Zellstoffwechsels; Antioxidans; Bildung von Nitrosaminen 100 mg (Raucher 150 mg/d) frische Obst- und Gemüsesorten wie Sanddorn, schwarze Johannisbeeren, Paprika, Zitrusfrüchte, grünes Blattgemüse, Broccoli Mangel: Skorbut; hitzelabil, lange Lagerung = große Vit.-C-Verluste

Tab. 36b Übersicht Vitamine (nach Lückenrath in Müller [Hrsg.], Hippokrates Verlag 2001).