Wirtschaftlicher Nutzen von Adipositas für den medikoindustriellen Komplex

Geldgier und Adipositas

Einleitung

Adipositas (Fettleibigkeit) und Übergewicht sind nicht nur gesundheitliche Herausforderungen, sondern auch bedeutende Wirtschaftsfaktoren. Insbesondere in Europa und den USA ergibt sich durch die langfristige, nicht kurative Behandlung übergewichtiger Menschen ein erheblicher wirtschaftlicher Nutzen für das Gesundheitswesen und verwandte Branchen. Anstatt einer nachhaltigen Heilung stehen oft chronische Therapien im Vordergrund – etwa regelmäßige Medikamenteneinnahme, wiederkehrende Arztbesuche oder kommerzielle Diätprogramme. Dies generiert kontinuierliche Einnahmen für den medikoindustriellen Komplex (also die verzahnten Interessen von Gesundheitsdienstleistern, Pharmaindustrie und Wellness-Märkten) und trägt zur Gesamtwirtschaft bei. Im Folgenden werden die verschiedenen ökonomischen Bereiche analysiert, die von Adipositas profitieren – von medizinischer Versorgung über Beschäftigungseffekte bis hin zu Pharma, Diagnostik und Wellness. Klassische volkswirtschaftliche Verlustrechnungen (z. B. Krankheitskosten oder Produktivitätsausfälle) bleiben bewusst unberücksichtigt, um den positiven Beitrag zum Wirtschaftskreislauf herauszustellen.

Chronische medizinische Versorgung als Einnahmequelle

Übergewichtige und adipöse Patienten verursachen fortlaufende Ausgaben im Gesundheitswesen – die Kehrseite davon sind Einnahmen für medizinische Leistungserbringer (Ärzte, Kliniken, Pharmaunternehmen). Da Übergewicht vielfach zu chronischen Erkrankungen führt (z. B. Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Leiden), entstehen dauerhafte Behandlungsbedarfe. In den USA wurden z. B. im Jahr 2016 direkte medizinische Kosten der Adipositas in Höhe von rund 260,6 Mrd. US$ veranschlagt – das entsprach etwa 8 % der gesamten Gesundheitsausgaben. Dieses Geld fließt an Krankenhäuser, Arztpraxen, Pharmafirmen und Gerätehersteller und stellt für diese einen erheblichen Umsatz dar. In Europa liegt der Anteil der Adipositas an den Gesundheitsausgaben etwas niedriger, aber immer noch relevant: Laut European Association for the Study of Obesity entfielen z. B. in Spanien rund 7 % und in Frankreich etwa 1,5–4,6 % der Gesundheitsausgaben auf Adipositas-bedingte Kosten. Insgesamt summierten sich die direkten Behandlungskosten von Übergewicht und Adipositas in Europa im Jahr 2019 auf ca. 141 Mrd. € – Mittel, die dem europäischen Gesundheitssektor als Einnahmen zugutekommen.

Medikationen und Hilfsmittel: Ein großer Teil dieser Ausgaben entfällt auf Dauermedikationen und medizinische Hilfsmittel. Übergewichtige Patienten benötigen häufig lebenslang Medikamente, ohne dass diese kurativ wirken. So werden z. B. auf Adipositas zurückführbare Erkrankungen wie Diabetes Typ 2, Bluthochdruck und Dyslipidämie mit Medikamenten behandelt – oftmals auf unbestimmte Zeit. Laut OECD werden in den kommenden Jahrzehnten etwa 70 % der Diabetes-Behandlungskosten durch Adipositas verursacht. Für Pharmaunternehmen bedeutet dies einen stetigen Absatz von Antidiabetika (Insulin, Metformin, GLP-1-Analoga etc.), Blutdrucksenkern oder Cholesterinsenkern an eine wachsende Patientengruppe. Auch medizinische Geräte bringen langjährige Umsätze: Beispielsweise benötigen viele adipöse Menschen bei Schlafapnoe ein CPAP-Atemgerät oder bei eingeschränkter Mobilität besondere Gehhilfen. Die Diagnostikbranche profitiert ebenfalls, da übergewichtige Patienten häufiger Gesundheits-Checks und Labortests erhalten. So sind bei Arztbesuchen aufgrund von Adipositas Blutwerte wie Glukose und Blutfette über 50 % häufiger Gegenstand von Tests als bei anderen Routinevisiten. Insgesamt generiert jeder chronische Krankheitsverlauf im Zusammenhang mit Übergewicht kontinuierliche Honorare für Ärzte (durch engmaschige Kontrolluntersuchungen) und Umsätze für Labore, Apotheken und Medizintechnik-Hersteller.

Nicht-kurative Behandlungen und Rehospitalisierungen: Dadurch, dass viele Therapien nicht dauerhaft zur Gewichtsnormalisierung führen, bleibt der Patient im System und konsumiert fortlaufend Leistungen. Beispiele sind medikamentöse Appetitzügler oder neue Anti-Adipositas-Medikamente (etwa GLP-1-Analoga wie Semaglutid). Diese Medikamente zeigen zwar Wirkung, müssen aber dauerhaft eingenommen werden, um den Effekt zu halten. So wird mit Präparaten wie Wegovy® oder Ozempic® (Semaglutid) mittlerweile Milliardenumsatz erzielt: 2023 erzielte Novo Nordisk allein mit Ozempic und Wegovy weltweite Umsätze von rund 13,9 Mrd. US$ bzw. 4,6 Mrd. US$. Da die Mehrheit der Patienten das Gewicht ohne Einnahme wieder zunimmt, entsteht ein dauerhafter „Abo-Effekt“: Langzeitkunden der Pharmaindustrie. Entsprechend schnell wächst der Markt – Analysten prognostizieren, dass die Umsätze mit Anti-Adipositas-Medikamenten in den 2030er Jahren auf jährlich ~150 Mrd. US$ steigen könnten. Neben Medikamenten tragen auch wiederholte Operationen zum Umsatz bei. Manche Patienten unterziehen sich etwa mehrfach Gelenkersatz-OPs (durch starkes Übergewicht verursachte Arthrosen) oder Folgeeingriffen nach fehlgeschlagenen Diäten bzw. Gewichtsschwankungen. Diese Vielzahl an Interventionen, ohne die Grundursache dauerhaft zu beheben, speist ein zyklisches Wirtschaftssystem im Gesundheitswesen.

Beschäftigungseffekte im Gesundheitssektor

Die hohe Prävalenz von Übergewicht und den dadurch induzierten Erkrankungen wirkt als Jobmotor im Gesundheitswesen. Zusätzliche Patientennachfrage bedeutet, dass mehr Ärzte, Pflegekräfte, Therapeuten und Pharma-Mitarbeiter benötigt werden. In den USA ist das Gesundheitswesen bereits der größte Arbeitgeber: über 17 Millionen Beschäftigte zählte die Branche 2023, was sie zum „größten Arbeitsmarktsektor“ macht. Ein beträchtlicher Teil dieser Arbeitsleistung ist mit der Betreuung chronisch kranker Patienten ausgelastet – zu denen viele Adipositas-Betroffene zählen. So haben z. B. fast die Hälfte der adipösen Erwachsenen mindestens drei Arztbesuche pro Jahr, im Vergleich zu nur einem Drittel der Normalgewichtigen. Jede dieser Konsultationen erzeugt Arbeitsaufwand (und Einkommen) für medizinisches Personal. In Europa zeigt sich ein ähnliches Bild: In Deutschland etwa waren 2023 6 Mio. Menschen im engeren Gesundheitswesen beschäftigt (ca. jeder achte Erwerbstätige) – einschließlich Wellness und Gesundheitstourismus sogar 8,3 Mio. Beschäftigte (jeder sechste). Chronische Zivilisationskrankheiten wie Adipositas sichern einen erheblichen Teil dieser Arbeitsplätze.

Einige Spezialgebiete im Gesundheitssektor verdanken ihren Aufschwung direkt der Adipositas-Epidemie. Beispielsweise ist die Bariatrische Chirurgie (Magenverkleinerungen, Magenbypässe etc.) ein wachsender Bereich: In den USA wurden 2021 über 262.000 adipositaschirurgische Eingriffe durchgeführt, in Europa waren es im selben Jahr rund 178.000 Eingriffe. Jedes dieser Verfahren erfordert hochspezialisiertes Personal – vom Chirurgen bis zum Anästhesisten – und stützt ganze Abteilungen in Krankenhäusern. Auch Ernährungsberater und Diätassistenten finden vermehrt Beschäftigung, da sowohl Gesundheitssysteme als auch Privatpersonen Beratungen nachfragen. Des Weiteren entstehen Jobs in Physiotherapie und Reha-Kliniken, um Adipositas-Folgeschäden (etwa orthopädische Probleme) zu behandeln. Industrie und Handwerk profitieren ebenfalls: Es braucht Hersteller für extragroße medizinische Ausstattung (z. B. stabile Krankenhausbetten, breite CT-Scanner für adipöse Patienten) und sogar die Modeindustrie hat Nischen für Übergrößen entwickelt.

Zusammengefasst schafft die fortwährende Betreuung übergewichtiger Patienten zusätzliche Stellen und Wertschöpfung: Vom Pflegepersonal, das z. B. im Krankenhaus aufwändigere Mobilisierung und Pflege übernehmen muss, bis zur Pharmaforschung, die neue Medikamente gegen Adipositas entwickelt (mit entsprechenden F&E-Arbeitsplätzen). Die Gesundheitswirtschaft wird so durch Adipositas-assoziierte Bedürfnisse aufgebläht – mit positiven Effekten auf Beschäftigungszahlen und regionale Wirtschaftskraft. Während aus Patientensicht Übergewicht mit Krankheit gleichzusetzen ist, bedeutet es für viele Anbieter eine gesicherte Nachfrage und damit Beschäftigungssicherheit.

Umsätze durch Gewichtsmanagement und Therapieangebote

Neben der klassischen medizinischen Versorgung hat sich um Übergewichtige ein ganzer Markt für Gewichtsreduktion und Betreuung entwickelt. Viele Betroffene versuchen wiederholt abzunehmen, was eine dauerhafte Kundenbasis für Diät-Anbieter, Fitnessprodukte und therapeutische Leistungen schafft. Dieser Gewichtsmanagement-Sektor umfasst kommerzielle Diätprogramme, Nahrungsergänzungsmittel, Abnehmkliniken, Reha-Maßnahmen, Ernährungsberatung und sogar spezialisierte Wellness-Angebote. Sowohl in den USA als auch in Europa handelt es sich um einen Milliardenmarkt, der direkt vom Phänomen Adipositas zehrt.

Wie groß dieser Markt ist, verdeutlichen aktuelle Zahlen: In Europa wurde der Gewichtsreduktions-Markt 2024 auf rund 125,6 Mrd. US$ geschätzt. Darin enthalten sind z. B. Umsätze für Diätlebensmittel, Abnehmprogramme (Weight Watchers & Co.), Fitnessdienstleistungen mit Schwerpunkt Gewichtsverlust und ähnliche Angebote. In den USA ist dieser Markt noch größer – je nach Definition. Betrachtet man alle Segmente (inklusive Fitness, Supplements, Medikamente, OPs), lag der US-Weight-Management-Markt 2021 bei etwa 159,7 Mrd. US$. Enger gefasst, nur auf kommerzielle Diätprogramme und Produkte, wurden 2024 immer noch ca. 38 Mrd. US$ Umsatz erzielt. Tabelle 1 gibt einen Überblick über zentrale Sektoren und ihre Umsätze in den USA und Europa.

Langzeittherapien und Reha: Viele Übergewichtige nehmen an langfristigen Programmen teil, die einen stetigen Geldfluss bedeuten. Beispielsweise bezahlen Krankenkassen oder Patienten selbst für ambulante Ernährungsberatungen über Monate hinweg oder für stationäre Rehabilitation (“Abnehm-Kuren”), die in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Spezielle Reha-Kliniken – etwa in Deutschland – bieten mehrwöchige Kuraufenthalte zur Gewichtsreduktion oder Behandlung von Adipositasfolgen an, die häufig im 2- bis 5-Jahres-Rhythmus gewährt werden. Jeder solche Aufenthalt (Kosten schnell mehrere tausend Euro) spült Geld in Kliniken, Heilbäder und lokale Dienstleister. Auch psychotherapeutische Angebote zur Verhaltensänderung (Ernährungsverhalten, Essstörungen) werden häufig langfristig in Anspruch genommen – wiederum eine Einkommensquelle für Therapeuten und Beratungsstellen.

Diätprodukte und Abnehmindustrie: Die Hersteller von Diät-Lebensmitteln, Shakes und Supplements profitieren davon, dass viele Menschen immer neue Abnehmversuche starten. Produkte wie Formula-Diäten, „Schlankmacher“-Tees oder Fettbinder-Pillen werden oft im Abo oder im wiederholten Kauf abgesetzt, da Rückfallraten hoch sind. Untersuchungen zeigen, dass der Großteil der Abnehmwilligen das verlorene Gewicht binnen einiger Jahre wieder zunimmt – was sie erneut zu Kunden macht. Diese Wiederholungsschleife ist quasi eingepreist: Die globale Gewichtskontroll-Branche (inklusive Diätprodukte, Fitness, Chirurgie) wird 2025 auf 427,5 Mrd. US$ Umsatz geschätzt und könnte bis 2035 auf über 896 Mrd. US$ wachsen. Unternehmen wie WW (ehemals Weight Watchers), Nutrisystem oder Herbalife generieren stetige Umsätze, weil sich immer ein Teil der Kundschaft im Jojo-Effekt befindet und nach einiger Zeit erneut ihre Produkte bucht.

Auch klassische Fitness- und Wellnessanbieter partizipieren: Ein erheblicher Anteil der Fitnessstudio-Mitgliedschaften wird mit dem Wunsch abgeschlossen, Gewicht zu verlieren. Wellness-Resorts und Spa-Hotels bieten spezielle „Detox-” oder Abnehmprogramme an und ziehen damit zahlungskräftige übergewichtige Kundschaft an. Diese Ausgaben fließen zwar nicht in das medizinische System, aber in die Privatwirtschaft und schaffen Umsatz und Beschäftigung (Trainer, Coaches, Hotellerie). Vom Koch, der kalorienreduzierte Schonkost im Kurhotel zubereitet, bis zum Hersteller von Fitnessgeräten (Cardio-Geräte, die vermehrt gekauft werden, um zuhause abzunehmen) – viele Wirtschaftszweige bedienen die Nachfrage rund ums Abnehmen. Insgesamt ergibt sich ein Ökosystem, das auf Langzeittherapie statt schneller Heilung setzt: Finanzielle Anreize fördern vielfach Angebote, die Gewichtsmanagement versprechen, ohne das Problem endgültig zu lösen – so bleibt der Kunde länger erhalten.

Pharmazeutische und andere angrenzende Industrien

Pharmaindustrie: Neben den bereits erwähnten direkten Medikamenteneinnahmen für Patienten mit Adipositas und Begleiterkrankungen, profitiert die Pharmaindustrie auf vielfältige Weise. Forschung und Entwicklung von neuen Adipositas-Therapien ist zu einem lukrativen Wettlauf geworden. Unternehmen wie Novo Nordisk und Eli Lilly investieren massiv in diese Sparte, da ein enormer Absatzmarkt winkt: über 100 Millionen adipöse Erwachsene allein in den USA. Die erfolgreichen Markteinführungen neuer Wirkstoffe haben bereits die Bilanzen der Pharmariesen merklich steigen lassen. Novo Nordisk steigerte 2023 seinen Umsatz um 31 % auf 33,7 Mrd. US$, angetrieben vor allem durch die Nachfrage nach Ozempic/Wegovy. Lilly verzeichnete ähnliches Wachstum (Umsatz 34,1 Mrd. US$, +19,6 %) dank seines Präparats Mounjaro/Zepbound. Neben Anti-Obesity-Mitteln sorgt die Dauerbehandlung von Folgeerkrankungen (Diabetes, Hypertonie, Herzleiden) für kontinuierliche Pharma-Umsätze über Jahrzehnte pro Patient. In Europa ist der Markt für verschreibungspflichtige Abnehmmittel bislang kleiner (teils zögerliche Kostenübernahme der Gesundheitssysteme), doch auch hier steigt mit Zulassung neuer Medikamente die Nachfrage. Insgesamt stellt Adipositas für Pharmafirmen einen Wachstumsmarkt dar, der langfristige Einnahmeströme verspricht, ähnlich wie es chronische Krankheiten tun. Durch die Aussicht, dass Patienten ihre Medikamente oft lebenslang benötigen, hat diese Industrie ein ökonomisches Interesse an Management statt vollständiger Heilung der Adipositas.

Diagnostik und Medizintechnik: Adipositas treibt auch die Diagnostikbranche an. Höhere Krankheitsraten bedeuten mehr Bedarf an Labordiagnostik (Blutzucker- und Cholesterolscreenings, Leberwerte, Hormonspiegel etc.) sowie an Bildgebung (z. B. häufigere MRTs/CTs bei Gelenkproblemen oder Fettleber). Diagnostik-Konzerne verkaufen mehr Reagenzien und Testkits, Labordienstleister verzeichnen mehr Proben und Abrechnungen. Die Medizintechnikindustrie passt sich an die Bedürfnisse adipöser Patienten an: Hersteller entwickeln z. B. spezielle Großformat-Geräte (stabilere OP-Tische, Rollstühle, Krankenbetten für 300 kg), was eine Nischenproduktion darstellt und Umsätze generiert. Kliniken müssen in solche Ausstattung investieren, was den Geräteherstellern zugutekommt. Herzschrittmacher und Dialysegeräte werden häufiger gebraucht, da Adipositas auch Herzinsuffizienz und Nierenschäden begünstigt. Selbst die Diagnose von Adipositas selbst (via BMI-Screenings, Körperfettmessgeräte) ist zu einem kleinen Markt geworden – von smarten Waagen bis hin zu ärztlichen DEXA-Scans, die von manchen Patienten aus eigener Tasche bezahlt werden.

Wellness und sonstige Branchen: Übergewichtige Kunden stützen außerdem eine breite Wellness- und Lifestyle-Industrie. Jenseits der klassischen Medizin haben sich viele Angebote etabliert, die Gesundheit und Wohlbefinden fördern sollen – oft mit Gewichtsabnahme als Teilziel. Dazu gehören Wellness-Tourismus, Kururlaub und spezialisierte Reiseanbieter, die z. B. „Medical Wellness“ anbieten (inklusive Ernährungsberatung, Fitness und Entspannung). Diese Branche profitiert in Europa insbesondere in Kurregionen (etwa Thermalbäder, Heilbäder), wo Gesundheitsreisen ein wichtiger Wirtschaftszweig sind. In den USA boomen kommerzielle „Wellness“-Apps und Wearables, die Nutzern helfen sollen, ihre Kalorien und Schritte zu zählen – ein Großteil der Nutzerbasis sind Menschen, die Gewicht verlieren oder halten wollen. Die Tech-Industrie erzielt hier Umsätze durch Fitness-Tracker, Smartwatches und Apps mit Abo-Gebühren. Auch Versicherungen und betriebliches Gesundheitsmanagement können indirekt profitieren: Einige Versicherer in den USA bieten Programme oder Prämienrabatte für Übergewichtige an, wenn sie an bestimmten Maßnahmen teilnehmen – diese Maßnahmen (z. B. Fitnessprogramme) werden oft an kommerzielle Anbieter ausgelagert, die dafür bezahlt werden.

Nicht zuletzt schafft Adipositas einen Markt für neue Innovationen: Startups entwickeln z. B. minimalinvasive Geräte (Magenballons, neuartige endoskopische Verfahren) oder digitale Coaching-Plattformen – angezogen von der großen Zielgruppe. Der medikoindustrielle Komplex als Ganzes – von Big Pharma über Gesundheitsdienstleister bis Wellness-Firmen – erfährt durch die weite Verbreitung von Übergewicht eine stetige Nachfrage und Umsatzsteigerung. Tabelle 1 fasst exemplarisch einige ökonomische Kenngrößen nach Sektoren in den USA und Europa zusammen.

Tabelle 1: Ökonomische Sektoren und ihr Nutzen aus Adipositas (USA vs. Europa)

Sektor USA (Umsätze/Jahr) Europa (Umsätze/Jahr) Anmerkungen (Beispiele)
Gesundheitsversorgung (Kliniken, Ärzte, Krankenhauspflege) $260,6 Mrd. (direkte medizinische Kosten 2016)
≈ 8 % der Gesundheitsausgaben
€141 Mrd. (direkte Kosten 2019)
≈ 2–7 % der Gesundheitsausgaben (je nach Land)
Laufende Versorgung von Folgeerkrankungen (Diabetes, Herzleiden etc.), stationäre und ambulante Behandlungen, regelmäßige Arztbesuche. Adipositas verdoppelt etwa die individuellen Gesundheitskosten.
Pharmazeutische Industrie (Medikamente) $24 Mrd. (globale Ausgaben für Adipositas-Medikamente 2022)
Projiziert: $74–131 Mrd. bis 2028.
+ Dauerverordnungen für Komorbiditäten: z. B. 70 % der Diabetesmedikation aufgrund Adipositas
Genaue Zahlen niedriger als in USA, da spätere Einführung neuer Medikamente; Anteil der Adipositas an Pharmakosten aber ähnlich (z. B. hoher Bruchteil an Diabetes-, Blutdruck- und Cholesterinmitteln). Lebenslange Einnahme von Medikamenten (Blutzuckersenker, Blutdrucksenker, Fettstoffwechsel etc.). Neue Adipositas-Medikamente generieren Milliardengewinne (z. B. Semaglutid-Präparate >$18 Mrd. Umsatz 2023 weltweit).
Gewichtsmanagement-Industrie (Diäten, Programme, Produkte) $159,7 Mrd. (gesamter Weight-Loss-Markt 2021)
Davon ca. $38 Mrd. kommerzielle Diätprogramme 2024
$125,6 Mrd. (Weight-Loss-Markt 2024)
inkl. Diätprodukte, Programme, Fitness usw.
Kommerzielle Abnehmprogramme (WW, Nutrisystem etc.), Diät-Lebensmittel, Nahrungsergänzung (Eiweißshakes, Fatburner), Abnehm-Apps. Hohe Wiederkehrquote der Kunden aufgrund Jojo-Effekt (die meisten nehmen verlorenes Gewicht wieder zu).
Medizintechnik & Diagnostik Schätzungen schwerer, aber signifikanter Anteil: z. B. >270.000 bariatrische OPs 2022 in den USA (je 15.000–30.000 $ Kosten, ≈ $5 Mrd. Umsatz)
Mehr Labortests und Bildgebung: z. B. +50 % mehr Glukose-/Lipidtests bei adipösen Patienten.
178.000 bariatrische OPs 2021 (steigende Tendenz);
Adipositas-bedingte Diagnostik 1,5–4,6 % der Gesundheitskosten in FR, bis 7 % in ES.
Spezialgeräte (z. B. MRT-Geräte für hohes Patientengewicht, XXL-Krankenbetten), CPAP-Geräte bei Schlafapnoe, Blutzucker-Messsysteme. Diagnostiklabore profitieren von mehr Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen (häufigere Arztbesuche führen zu mehr Tests, z. B. $18.500 jährliche Gesundheitskosten pro Adipositas-Patient mit GLP-1 vs. $12.700 vorher).
Wellness & Fitness (angrenzende Branchen) Wellness-Tourismus und Fitness zusammen in globaler „Wellness“-Industrie > $1,5 Billionen (davon ein Teil gewichtsbezogen).
Viele der >60 Mio. Fitnessstudio-Mitglieder in den USA nennen Gewichtsabnahme als Hauptziel (kein genauer Umsatzanteil, aber Fitnessbranche gesamt ~$35 Mrd./Jahr).
In Europa ähnliche Tendenzen: 50 %+ der Fitnessnutzer wollen abnehmen. Gesundheitstourismus in Kurorten (z. B. deutsche Kurkliniken) macht Mrd.-Umsätze (ein Teil Adipositas-Prävention). Fitnessstudios (Mitgliedsbeiträge aufgrund von Abnehmwunsch), Personal Training, Apps/Wearables (Kalorienzähler, Schrittzähler mit Abo). Wellnesshotels mit Abnehm- oder Detox-Angeboten (Kombination aus Tourismus und Gesundheit). Schafft Umsatz in Sportartikelindustrie (Trainingsgeräte, Sportbekleidung in Übergrößen) und im Dienstleistungssektor.

Quellen: Eigene Zusammenstellung aus Literatur und Marktdaten (siehe Textreferenzen).

Fazit

Übergewicht und Adipositas haben sich in entwickelten Volkswirtschaften zu einer permanenten Einnahmequelle für zahlreiche Branchen entwickelt. Vom Standpunkt der Wirtschaft betrachtet, stellen adipöse Menschen eine Kundengruppe mit lebenslanger Wertschöpfung dar. Ihr Bedarf an medizinischer Versorgung, Medikamenten, Beratung und Spezialprodukten sorgt für stetigen Cashflow im Gesundheitssektor und befeuert eine eigene Gewichtsreduktions-Industrie. Die analysierten Zahlen verdeutlichen, dass in den USA wie in Europa jährlich dreistellige Milliardenbeträge im Zusammenhang mit Adipositas umgesetzt werden – sei es durch die Behandlung von Folgeerkrankungen oder durch kommerzielle Diätangebote. Damit einher gehen hunderttausende Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt vom Geschäft mit dem Übergewicht abhängen.

Diese wirtschaftliche Perspektive soll nicht negieren, dass Adipositas für Betroffene persönlich belastend ist. Doch aus systemischer Sicht entsteht ein ökonomischer Nutzen: Eine Art geschlossener Kreislauf, in dem das Gesundheitswesen und angrenzende Industrien finanziell von anhaltenden (oft suboptimalen) Behandlungsbedarfen profitieren. Solange nachhaltige Lösungsansätze (Prävention oder echte Heilung von Adipositas) ausbleiben, bleibt der medikoindustrielle Komplex ein Gewinner der Adipositas-Epidemie – in Europa ebenso wie in den Vereinigten Staaten.

Volkswirtschaftliche Folgekosten von Übergewicht und Adipositas in Europa und den USA

Übermäßiges Körpergewicht verursacht sowohl direkte gesundheitsökonomische Kosten (z. B. für medizinische Behandlung und Versicherungen) als auch indirekte volkswirtschaftliche Schäden (etwa durch Produktivitätsverluste und Erwerbsausfall). Im Folgenden werden die Größenordnungen dieser Folgekosten in Europa (insbesondere EU-Raum) und den USA vergleichend dargestellt, unterteilt nach vier Kategorien.

Versicherungsausgaben (direkte Gesundheitskosten)

Europa: Adipositas belastet die europäischen Gesundheitssysteme mit erheblichen Ausgaben. Für die Europäische Union wurden die jährlichen Gesamtkosten der Adipositas (inkl. Behandlung und assoziierter Krankheiten) bereits auf rund 70 Mrd. € geschätzt. Das entspricht etwa 7 % der Gesundheitsbudgets der EU-Staaten, die für adipositasbedingte Krankheiten aufgewendet werden. Als Einzelbeispiel entfallen in Deutschland laut einer Berechnung der Univ. Hamburg insgesamt etwa 63 Mrd. € pro Jahr auf Übergewicht und Adipositas (direkte Behandlungskosten ca. 29 Mrd. €; indirekte Kosten ca. 34 Mrd. € jährlich). Diese direkten Kosten umfassen u. a. häufigere Arztbesuche, Medikationen und Klinikaufenthalte für Folgeerkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Leiden oder Gelenkbeschwerden.

USA: Aufgrund höherer Prävalenz und teurerem Gesundheitssystem liegen die direkten Kosten in den USA noch höher. Laut CDC verursacht Adipositas dort rund 173 Mrd. US$ an zusätzlichen jährlichen Gesundheitsausgaben (Stand ca. 2019). Personen mit Adipositas verursachen im Durchschnitt etwa 25 % höhere Gesundheitskosten als Normalgewichtige. In neueren Analysen wird der Trend weiter steigend eingeschätzt – beispielsweise wurden für 2016 direkte medizinische Kosten von ~260 Mrd. US$ berechnet, und Regierungsprojektionen gehen im nächsten Jahrzehnt von über 8 Billionen US$ an aggregierten Behandlungskosten aus. Somit entfallen in den USA schätzungsweise 4–9 % der gesamten Gesundheitsausgaben auf übergewichtsbedingte Erkrankungen (je nach Schätzung und Jahr).

Arbeitsausfall und Produktivitätsverluste

Europa: Krankheitsbedingte Fehlzeiten und verringerte Arbeitsleistung infolge Übergewicht stellen eine beträchtliche Belastung für die europäischen Volkswirtschaften dar. Studien zeigen, dass Übergewichtige deutlich häufiger krankgeschrieben sind: In einer europaweiten Untersuchung war die Wahrscheinlichkeit, aufgrund gesundheitlicher Probleme der Arbeit fernzubleiben, bei Menschen mit Adipositas um bis zu 147 % höher als bei Normalgewichtigen. Zudem sind Betroffene tendenziell länger krank (über 7 Tage). Auch während der Arbeit kommt es zu Leistungseinbußen (Präsentismus), da gesundheitliche Einschränkungen die Produktivität mindern. OECD-Modellrechnungen zufolge führen Fehlzeiten durch Adipositas in der EU zu einer Minderung der Wirtschaftsleistung von rund 0,37 %, und verminderte Produktivität am Arbeitsplatz schlägt mit weiteren 0,8 % zu Buche. Insgesamt ergibt sich also ein Output-Verlust von grob 1–1,5 % des BIP durch reduzierte Arbeitsleistung infolge von Übergewicht. Monetär entspricht das EU-weit hunderten Milliarden Euro an entgangenem Mehrwert pro Jahr. (Zum Vergleich: Im EU-Durchschnitt wurden rund 781 US$ (PPP) pro Kopf und Jahr an Produktivitätsverlusten durch Übergewicht errechnet.)

USA: In den Vereinigten Staaten sind die Produktivitätsverluste durch Adipositas ebenfalls enorm. Übergewichtige Beschäftigte fehlen häufiger am Arbeitsplatz – Schätzungen gehen von etwa 2–3 zusätzlichen Fehltagen pro Jahr je adipösem Arbeitnehmer aus. Eine aktuelle Untersuchung bezifferte die jährlichen Kosten durch Fehlzeiten aufgrund von Adipositas auf ca. 82,3 Mrd. US$. Hinzu kommen die Verluste durch verringerte Leistungsfähigkeit bei Präsenz: Die sog. Präsentismus-Kosten werden auf über 113 Mrd. US$ pro Jahr allein für adipöse Beschäftigte geschätzt (Übergewichtige zusätzlich ~46 Mrd. US$). Zusammengenommen bedeutet dies, dass US-Arbeitgebern jedes Jahr grob 150–200 Mrd. US$ an Produktivität entgehen, die unter optimaler Gesundheit der Belegschaft verfügbar wäre. Rechnet man alle Sektoren und indirekten Effekte ein, summieren sich die durch Übergewicht verursachten Produktivitätsverluste und Krankheitsausfälle in den USA auf einen dreistelligen Milliardenbetrag jährlich. (Eine umfassende Analyse des Milken Institute bezifferte den gesamtwirtschaftlichen Schaden durch Adipositas – einschließlich medizinischer und produktiver Einbußen – sogar auf über 1,4 Billionen US$ pro Jahr, was die enorme Dimension verdeutlicht.)

Vorzeitige Berentung und Erwerbsunfähigkeit

Europa: Starkes Übergewicht erhöht das Risiko, noch vor Erreichen des regulären Rentenalters aus dem Erwerbsleben auszuscheiden (etwa durch gesundheitlich bedingte Frühverrentung oder Erwerbsunfähigkeit). In der EU zeigt sich, dass Erwachsene mit adipositasassoziierten chronischen Krankheiten deutlich geringere Chancen haben, erwerbstätig zu bleiben – ihre Beschäftigungswahrscheinlichkeit im Folgejahr liegt im Schnitt rund 8 % niedriger als bei Gesunden. Durch diese geringere Erwerbsbeteiligung (inkl. Arbeitslosigkeit und Frühverrentung) geht der Volkswirtschaft weitere Leistung verloren: Modellierungen für die EU ergeben einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,42 % aufgrund niedrigerer Erwerbsquote und zusätzlich 0,05 % durch vorzeitige Renteneintritte infolge von Übergewicht. Absolut entspricht das immerhin einigen Dutzend Milliarden Euro jährlichen Wertschöpfungsverlusts. In vielen Fällen stehen hinter Frühverrentungen adipositasbedingte Folgeerkrankungen wie z. B. schwere Herz-Kreislauf-Leiden oder orthopädische Schäden, die eine weitere Berufsausübung verhindern.

USA: In den USA macht sich der Einfluss der Adipositas auf die Erwerbsbiografien noch gravierender bemerkbar. Ökonomische Analysen legen nahe, dass die aktuelle Adipositas-Epidemie die verfügbare Arbeitskräftebasis um etwa 2 Prozentpunkte verringert – das heißt, viele Amerikaner scheiden aufgrund von adipositasbedingten Gesundheitsproblemen früher aus dem Erwerbsleben oder können gar nicht erst so lange arbeiten wie gesunde Personen. Diese reduzierte Arbeitskräftepartizipation führt zu erheblichen Einbußen an Wirtschaftsleistung: Prognosen des Joint Economic Committee zufolge kostet der durch Adipositas bedingte Arbeitskraftverlust die US-Volkswirtschaft rund 5,6 Billionen US$ an kumuliertem BIP im Zeitraum 2024–2033 (das entspricht im Schnitt etwa 560 Mrd. US$ pro Jahr an entgangenem BIP). Auch die Zahl der Menschen, die eine Erwerbsunfähigkeits- oder Invaliditätsrente beziehen, steigt durch adipositasassoziierte Erkrankungen. So wird allein der Wert der jährlichen Invaliditätszahlungen (z. B. Sozialversicherungs-Disability) aufgrund von Adipositas auf rund 31 Mrd. US$ geschätzt. Zusätzlich entstehen dem Sozialsystem Kosten für Reha-Maßnahmen, Umschulungen und langfristige Pflege einiger Betroffener (siehe nächster Punkt).

Einnahmeausfälle für Staat und Sozialversicherungssysteme

Europa: Die beschriebenen Produktivitätsverluste und Frühverrentungen schlagen sich letztlich auch in den öffentlichen Kassen nieder. Wenn weniger gearbeitet wird und Einkommen geringer ausfallen, reduziert sich die Basis für Steuereinnahmen und Sozialabgaben. Konkrete Zahlen sind schwierig zu isolieren, doch lässt sich die Größenordnung abschätzen: Geht – wie oben dargestellt – etwa 1–2 % des BIP durch Übergewicht verloren, bedeutet dies auch entsprechend weniger Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Beiträge, die an den Staat und die Sozialversicherungen fließen. OECD-Analysen zeigen, dass die Adipositas-Epidemie langfristig das BIP-Wachstum um ca. 3,3 % drücken könnte – ein erheblicher fiskalischer Verlust, der sich in allen europäischen Ländern bemerkbar macht. Allein durch den Rückgang der Arbeitsleistung infolge von Übergewicht entgehen z. B. den Sozialkassen Beitragszahlungen in Milliardenhöhe (etwa aus nicht gezahlten Renten- und Krankenversicherungsbeiträgen von vorzeitig Ausgeschiedenen). Die Bewältigung adipositasbedingter Krankheiten belastet zugleich die öffentlichen Kranken- und Pflegeversicherungen, was indirekt zu höheren Beitragssätzen oder Steuerzuschüssen führen kann.

USA: In den USA sind die Steuer- und Sozialversicherungsausfälle durch Adipositas ebenfalls beträchtlich dokumentiert. Durch das verringerte Arbeitskräfteangebot und die geringere Produktivität entgehen dem Staat erhebliche Einnahmen. Schätzungen zufolge wird der Bundesregierung in Washington im kommenden Jahrzehnt rund 1,0 Billion US$ an Steuereinnahmen verloren gehen, die ohne die aktuellen Adipositas-bedingten Arbeitsausfälle vereinnahmt worden wären. Das entspricht etwa 100 Mrd. US$ weniger Steuereinnahmen pro Jahr (nur auf Bundesebene) infolge von Übergewicht. Hinzu kommen Mindereinnahmen bei den Bundesstaaten und Kommunen. Auch die Sozialsysteme spüren die Effekte: Weniger Erwerbstätige bedeuten weniger Beitragszahler in die Renten- und Krankenversicherung, während gleichzeitig die Ausgaben (für z. B. Medicare/Medicaid in den USA) steigen. Tatsächlich fließt ein immer größerer Anteil öffentlicher Gesundheitsausgaben in die Behandlung von Adipositas-Folgen – für die USA wurde errechnet, dass etwa 50 % der Adipositas-bezogenen Gesundheitskosten direkt von staatlichen Stellen (Medicaid, Medicare etc.) getragen werden. Unterm Strich ergibt sich also ein doppelter negativer Effekt auf die öffentlichen Haushalte: höhere Sozialausgaben bei gleichzeitig geringerem Steuer- und Beitragsaufkommen aufgrund von Übergewicht und Adipositas.

Fazit: Sowohl in Europa als auch in den USA verursacht die Adipositas-Epidemie gewaltige wirtschaftliche Folgekosten. Während Europa (EU) insgesamt Schätzungen im zweistelligen Milliardenbereich (Euro) für direkte Gesundheitskosten und vergleichbare Größenordnungen für indirekte Verluste verzeichnet, liegen die absoluten Kosten in den USA aufgrund höherer Prävalenzen und Ausgaben pro Patient nochmals deutlich höher (direkt >170 Mrd. US$ jährlich; indirekt mehrere hundert Mrd. US$). Beide Wirtschaftsräume kämpfen mit ähnlichen Auswirkungen: steigende Versicherungsausgaben, sinkende Produktivität, mehr Frühverrentungen und erhebliche fiskalische Verluste. Die Daten verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf – präventive und therapeutische Maßnahmen gegen Übergewicht könnten mittelfristig Milliarden entlasten und die Gesundheit sowie Leistungsfähigkeit der Bevölkerung verbessern.

Quellen: Aktuelle Schätzungen und Studienergebnisse aus EU und USA, u. a. OECD, EU-Kommission, deutsche Adipositas-Gesellschaft, CDC, Milken Institute und Joint Economic Committee der USA. Diese zeigen konsistent, dass Adipositas bereits heute erhebliche volkswirtschaftliche Schäden verursacht – in vergleichbarer Größenordnung wie klassische Wohlstandskrankheiten oder das Rauchen – und ohne Gegenmaßnahmen weiter anwachsen wird.

• Foto von Marek Studzinski auf Unsplash