Ursachen von Übergewicht (Folge 3 von 14)
Auf eine recht „schräge“ Übergewichts-Theorien hat mich Prof. Dr. Jane Wardle aus London beim renommieren „Cheltenham Wissenschaft Festival“ vor einigen Jahren gebracht (http://www.cheltenhamfestivals.com/science). In ihrem Vortrag über die Adipositas-Epidemie erstaunte die Psychologin alle Zuhörer mit der Botschaft, an dieser Epidemie seien vor allem die Mikrowellen-Herde schuld.
Die extrem breite Verbreitung von Mikrowellen-Herden vor allem in den Haushalten der USA oder Großbritannien (>95%), aber mittlerweile auch Deutschland (> 70 %), in den vergangenen vier Jahrzehnten hängt eng mit dem Ersatz eingemachter konservierter Lebensmittel (Dosen, Gläser) durch industriell produzierte Tiefkühlkost zusammen (oftmals besser als Industrie-„Fraß“ zu bezeichnen).
Durch diese Haushalts-Technik, so Wardle, sei die Beschaffung von Lebensmitteln wie Obst, Gemüse oder Kartoffeln zum Beispiel auf dem Wochenmarkt, das Nachhausetragen der Nahrung, das aufwendige Putzen, Lagern, Einmachen oder Zubereiten von Lebensmitteln überflüssig geworden. Und genau die hierfür benötigte Energie finde sich als übermässige Fetteinlagerung (Übergewicht) bei den Menschen wieder. Nach ihrer Auffassung zeigen mathematische Berechnungen, dass die weite Verbreitung von Mikrowellen-Herden in den Haushalten der westlichen Welt genau zeitgleich mit der Ausbreitung der Übergewichts-Epidemie übereinstimmt.
Was ich an dieser Theorie „schräge“ finde? Selbst wenn der beobachtete zeitliche Zusammenhang von Einführung der Mikrowellen-Herde und dem Beginn der Übergewichts-Epidemie statistisch signifikant ist, sind die Erklärungen der britischen Professorin für das Phänomen allesamt falsch. Beispiele:
- Markteinkäufe, Einmachen, Kochen war und ist in der westlichen Welt sehr oft noch Frauensache. Also hätte die Ausbreitung von Übergewicht vor allem die Frauen betreffen müssen. Hat sie aber nicht! Es sind Frauen, Männer, Kinder, Jugendliche oder alte Menschen fast gleichermaßen häufig und schwer betroffen.
- Die Untersuchung von Wardle berücksichtigt in keinster Weise, dass der Pro-Kopf-Energieverbrauch in Großbritannien seit dem zweiten Weltkrieg um mehr als 25% gesunken ist. Das ist weitaus mehr als die von Wardle berechnete – durch fehlende körperliche Aktivität bei Lebensmittel-Kauf oder ‑Zubereitung – unverbrauchte Energie und dann die folgende Fetteinlagerung „überschüssig“ aufgenommener Kalorien ausmacht. Tatsächlich hätte die britische Bevölkerung trotz Mikrowellen-Benutzung immer schlanker werden müssen (was sie aber in keinster Weise ist).
Blödsinn: Der Mensch als „Tonne“
Insgesamt huldigt Wardle also dem gängigen „Tonnenmodell des Menschen“: Was wir oben an Energie einfüllen, wird im Fettgewebe gespeichert, wenn es durch körperliche Aktivität nicht verbraucht wird. Warum die Psychologin eine derartig blödsinnige Theorie vertritt und demzufolge zu völlig falschen Schlüssen kommt, bleibt offen. Sie hätte wenigstens von einigen schon seit Jahren sicheren Erkenntnissen zu Übergewicht und Lebensmittelverarbeitung (Mikrowelle, Industrie-Nahrung) berichten können.
Beispielsweise von wissenschaftlichen Untersuchung, die über die sehr spezielle, äußerst unnatürliche Zerlegung von Lebensmittel-Inhaltsstoffen durch Mikrowellen-Strahlung berichten. Dabei entstehen zum Beispiel Eiweiß-Bruchstücke, wie sie in der Natur niemals vorkommen. Diese könnten nicht nur das Auftreten von Allergien fördern, sondern auch zentrale Mechanismen der Gewichts-Regulation stören. Auch wichtige Vitalstoffe werden zerstört, zum Beispiel Vitamin B12.
Weitaus besser belegt sind aber die dick machenden Effekte von Industrie-Fertignahrung wie z. B. Tiefkühlkost. Ich werden in weiteren Folgen darauf eingehen. Hierbei scheint weniger die hohe Energiedichte („viele, viele Kalorien“ …) entscheidend für die fettmachenden Effekte zu sein, sondern die Nahrungszusammensetzung, das breite Spektrum an chemischen Zuschlags- und Geschmacksstoffen und anderes.
Kurzum: Selber einkaufen, selber einmachen, selber auf traditionellen Herden kochen hilft, eigene Gewichtsziele zu erreichen oder das Körpergewicht zu halten wie dies auch fürs iFasten giltAbnehmen mit iFasten“)–>.
Autor
• Rainer H. Bubenzer, Berlin, 1992–2016. Alle Rechte vorbehalten.
Bildnachweis
• Visions-AD, 2014 (fotolia.com, 65392008).
Quellen
• Cutler DM, Glaeser EL, Shapiro JM: Why have Americans become more obese? National Bureau of Economic Research Working Paper 9446. NBER, Cambridge, MA (USA), 2003.
• Watanabe F, Abe K, Fujita T, Goto M, Hiemori M, Nakano Y: Effects of Microwave Heating on the Loss of Vitamin B(12) in Foods. J Agric Food Chem. 1998 Jan 19;46(1):206–210.
• Hafez XS, Mohamed AI, Hewedy FM, Singh G: Effects Of Microwave Heating On Solubility, Digestibility and Metabolism of Soy Protein. J Food Science. 1985;50(2):415–7.