Magen­keim-Ent­fer­nung

Helicobacter pylori

Ursa­chen von Über­ge­wicht (Fol­ge 1 von 14)

Unter den vie­len bekann­ten Theo­rien zur Ent­ste­hung von Übergewicht/Adipositas ist eine beson­ders span­nend, weil sie deut­lich dar­auf hin­weist: Über­ge­wicht ist tat­säch­lich eine Fol­ge der moder­nen Zivi­li­sa­ti­on. In die­sem Fall die Radi­kal-Ent­fer­nung des Magen­keims Heli­co­bac­ter pylo­ri („H. p.“) mit meh­re­ren Anti­bio­ti­ka und Säu­re­blo­ckern gleich­zei­tig („H.p.-Eradikation“).

Die­se The­ra­pie des Magen- und Zwölf­fin­ger­darm-Geschwürs („Ulcus ven­tri­cu­li et duo­deni“) wird seit etwa 30 Jah­ren immer häu­fi­ger durch­ge­führt. Im glei­chen Zeit­raum, so zeigt jetzt die Ana­ly­se hun­der­ter wis­sen­schaft­li­cher Stu­di­en durch ein deutsch-aus­tra­li­sches For­scher­team, hat aber auch die Häu­fig­keit von Über­ge­wicht extrem zuge­nom­men. Die sta­tis­ti­sche Asso­zia­ti­on zwi­schen der sel­te­ner wer­den­den Heli­co­bac­ter pylo­ri-Besied­lung der Bevöl­ke­rung und ihrer Gewichts­zu­nah­me ist hoch­si­gni­fi­kant. Und zwar unab­hän­gig davon, ob gan­ze Bevöl­ke­run­gen oder nur Magen-Darm-Pati­en­ten betrach­tet wer­den [1].

Dass es nach einer H.p.-Eradikations-Therapie häu­fi­ger zu Über­ge­wicht kommt, ist schon län­ger bekannt. Klar ist auch, dass sich bei Ver­suchs­tie­ren ohne Heli­co­bac­ter pylo­ri-Besied­lung Zucker­stoff­wech­sel, Appe­tit oder Gewicht nor­ma­li­sie­ren, wenn sie künst­lich mit dem Magen­keim infi­ziert wer­den. Eine mög­li­che direk­te Ursa­che für die beob­ach­te­ten Phä­no­me­ne könn­te sein, dass H. p. die Bil­dung und Frei­set­zung appe­tit­re­gu­lie­ren­der Signal­stof­fe beein­flusst, also damit unser Ess­ver­hal­ten steu­ert. Eine wei­te­re, indi­rek­te Mög­lich­keit für den Zusam­men­hang zwi­schen Era­di­ka­ti­ons-The­ra­pie und Über­ge­wicht könn­te eine mas­si­ve Stö­rung und Ver­än­de­rung aller Bak­te­ri­en sein, die im Magen-Darm-Trakt leben („Darm-Flo­ra“, „Darm-Mikro­bi­om“). Sol­che Stö­run­gen, „Dys­bio­se“ genannt, tre­ten fast regel­mä­ßig bei und nach Anti­bio­ti­ka-Behand­lun­gen auf. Und wer­den in Zusam­men­hang mit Über­ge­wicht gebracht (ich gehe in einer spä­te­ren Fol­ge dar­auf ein).

Den Teu­fel mit dem Beel­ze­bub aus­trei­ben

Das Tra­gi­sche an die­ser Geschich­te: Beim sicher ehren­wer­ten Ver­such der Medi­zin, das Magen- und Zwölf­fin­ger­darm-Geschwür wirk­sam zu behan­deln – eben mit Era­di­ka­ti­ons-The­ra­pie – ent­steht mil­lio­nen­fach eine wei­te­re gesund­heit­li­che Bau­stel­le – eben Adi­po­si­tas. Aus phy­sio­lo­gi­scher Sicht macht dies deut­lich, dass ein Bak­te­ri­um, das ver­mut­lich seit Jahr­mil­lio­nen bei nahe­zu allen Men­schen welt­weit natür­li­cher­wei­se vor­kommt, nicht ohne lang­jäh­ri­ge Fol­ge-Beob­ach­tun­gen abge­tö­tet wer­den darf. Zudem ist klar, dass an einem „Ulcus“ nur ver­gleichs­wei­se wenig Men­schen ster­ben. Über­ge­wicht dage­gen hat sich in den letz­ten Jahr­zehn­ten zu dem wesent­li­chen Kil­ler in der west­li­chen Welt über­haupt ent­wi­ckelt. Herz­kreis­lauf­erkran­kun­gen, Herz­in­farkt, Schlag­an­fall, Stoff­wech­sel­stö­run­gen, Dia­be­tes, Blut­hoch­druck, Nie­ren­ver­sa­gen oder Krebs sind nur eini­ge der poten­ti­ell töd­li­chen Fol­gen.

Adi­po­si­tas ist oft­mals Aus­druck einer chro­ni­fi­zier­ten Erkran­kung und/oder lang­an­hal­ten­de Fol­ge einer medi­zi­ni­schen The­ra­pie. Dabei gelingt zumeist nicht, die Uhr des Lebens Jah­re und Jahr­zehn­te zurück­zu­dre­hen und dann die Ursa­chen zu bekämp­fen. Ver­fah­ren wie iFas­ten (Inter­vall-Fas­ten) regen aller­dings kör­per­ei­ge­ne Selbst­hei­lungs­kräf­te an. Und sie redu­zie­ren unse­re Kalo­rien­auf­nah­me nach­hal­tig..

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Gesund­heits­be­ra­ter, Ber­lin, 1992–2016.
Bild­nach­weis
• AJ Cann: Heli­co­bac­ter pylo­ri, 2012 (flickr.com) (CC Crea­ti­ve Com­mons 2.0 gene­ric).
Quel­le
[1] Len­der N, Tal­ley NJ, Enck P, Haag S, Zip­fel S, Mor­ri­son M, Holt­mann GJ: Review artic­le: Asso­cia­ti­ons bet­ween Heli­co­bac­ter pylo­ri and obesity–an eco­lo­gi­cal stu­dy. Ali­ment Phar­ma­col Ther. 2014 Jul;40(1):24–31.