Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit aus Kanada analysierte 26 randomisierte Studien mit 15.491 nicht-diabetischen Erwachsenen mit Übergewicht oder Adipositas. Im Fokus stand die Wirksamkeit von GLP-1-Rezeptoragonisten (z. B. Semaglutid, Tirzepatid) und Mehrfachagonisten (z. B. Retatrutid). Während die Mehrheit der Teilnehmer signifikant an Gewicht verlor, gab es eine relevante Untergruppe von Non-Respondern, die nicht oder kaum von der Therapie profitierten.
Kernbefunde zu Non-Respondern
1. Semaglutid (STEP-Studien):
– In der STEP-1-Studie erreichten 13,4 % der Behandelten keinen Gewichtsverlust ≥5 % nach 68 Wochen.
– Bei höheren Schwellenwerten (≥15 %) stieg der Anteil der Non-Responder auf 49,5 %.
2. Tirzepatid (SURMOUNT-1):
– Unter der Maximaldosis (15 mg/Woche) verfehlten 37,1 % das Ziel von ≥20 % Gewichtsabnahme.
– Selbst bei Tirzepatid gab es Teilnehmer mit minimalem oder keinem Effekt (≤5 % Gewichtsverlust).
3. Retatrutid (Triple-Agonist):
– Trotz durchschnittlich 22,1 % Gewichtsreduktion unter 12 mg/Woche blieben ≈10–15 % der Teilnehmer unter der 5 %-Schwelle.
4. Ältere Präparate (Liraglutid):
– Bis zu 20 % zeigten keinen klinisch relevanten Effekt (≤5 % Gewichtsverlust).
Mögliche Gründe für das Nicht-Ansprechen
Die Studie identifizierte keine klaren Risikofaktoren, liefert aber Hinweise:
– Genetische/metabolische Unterschiede: Varianten in Rezeptoren oder Stoffwechselwegen könnten die Wirkung abschwächen.
– Adhärenzprobleme: Gastrointestinale Nebenwirkungen (Übelkeit, Erbrechen) führten bei 5–26 % zum Therapieabbruch – möglicherweise ein Grund für vorzeitiges Scheitern.
– Heterogene Lebensstilinterventionen: Die begleitenden Diät- und Bewegungsprogramme variierten stark zwischen den Studien und könnten den Therapieerfolg beeinflusst haben.
Limitationen der Daten
– Fehlende einheitliche Definition: Die meisten Studien berichten primär Durchschnittswerte, nicht explizit den Anteil der Non-Responder.
– Kurze Nachbeobachtung: Die längste Studie dauerte 104 Wochen – Langzeiteffekte bei Non-Respondern sind unklar.
– Unerforschte Biomarker: Es fehlen Daten zu Hormonprofilen, Genetik oder Mikrobiom, die das Ansprechen vorhersagen könnten.
Klinische Implikationen
– Individualisierte Therapie: Bei ausbleibendem Effekt nach 12–16 Wochen sollte ein Wirkstoffwechsel erwogen werden.
– Kombinationstherapien: Duale/Triple-Agonisten (z. B. Retatrutid) könnten Non-Responder von Einzelpräparaten „retten“.
– Begleitende Maßnahmen: Psychologische Unterstützung und strukturierte Lebensstilprogramme sind entscheidend, um Adhärenz und Effekt zu steigern.
Fazit für die Praxis
Inkretinmimetika revolutionieren die Adipositastherapie – doch nicht alle Patienten profitieren gleich stark. Die Studie unterstreicht die Notwendigkeit, Non-Responder früh zu identifizieren und alternative Strategien (z. B. Kombinationen, Biomarker-gesteuerte Therapie) zu erforschen.
Zusammenfassung für Patienten: Wirksamkeit und Sicherheit von Glucagon-ähnlichen Peptid-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1-RA) zur Gewichtsreduktion bei Erwachsenen ohne Diabetes
Worin besteht das Problem und was ist bisher darüber bekannt?
Glucagon-ähnliche Peptid-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1-RA), zu denen Liraglutid, Semaglutid und Tirzepatid gehören, gehören zu einer Medikamentenklasse, die ursprünglich zur Behandlung von Typ-2-Diabetes entwickelt wurde und mittlerweile von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) und teilweise auch von der Europäischen Arzneimittelzulassungsbehörde (EMA) zur Behandlung von Adipositas zugelassen ist. Diese Therapien wurden in mehreren klinischen Studien untersucht und haben sich als wirksam bei der Gewichtsreduktion und der Verbesserung gewichtsbedingter Gesundheitsrisiken erwiesen.
Warum haben die Forscher diese Studie durchgeführt?
Es gibt relativ wenige Übersichtsstudien, die die gesamte Evidenz aus klinischen Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit dieser Medikamente bei Patienten ohne Diabetes zusammengefasst haben. Zusammenfassungen der Evidenz zu neueren GLP-1-RA, die noch nicht von der FDA zugelassen sind, sind besonders begrenzt.
Wer wurde untersucht?
Diese Übersichtsarbeit umfasste alle klinischen Studien mit einer Behandlungsdauer von mindestens 16 Wochen sowie Erwachsene mit Adipositas oder Übergewicht und mindestens einer gewichtsbedingten Erkrankung. Studien, die Patienten mit Diabetes einschlossen oder auf Patienten mit bestimmten Erkrankungen beschränkt waren, wurden ausgeschlossen.
Wie wurde die Studie durchgeführt?
Die Forscher führten eine systematische Literaturrecherche durch, um relevante Studien zu identifizieren. Anschließend überprüften und fassten sie die Ergebnisse zusammen.
Was fanden die Forscher heraus?
Die Forscher überprüften 26 relevante randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) mit insgesamt mehr als 15.000 Teilnehmern. Zwölf GLP-1-RA-Medikamente wurden untersucht, drei davon sind von der FDA zugelassen und neun noch nicht für das Gewichtsmanagement zugelassen. Die Behandlungszeiträume dauerten zwischen 16 und 104 Wochen. Der größte Gewichtsverlust wurde in einer RCT mit Retatrutid (12 mg einmal wöchentlich) berichtet, einem GLP-1-RA-Triple-Agonisten, der noch nicht von der FDA zugelassen oder im Handel erhältlich ist. Teilnehmer, die dieses Medikament einnahmen, verloren nach 48 Wochen bis zu 22,1 % mehr ihres Ausgangsgewichts als Teilnehmer, die Placebo einnahmen. Tirzepatid (15 mg einmal wöchentlich) führte nach 72 Wochen zu einem Gewichtsverlust von bis zu 17,8 %, und Semaglutid (2,4 mg einmal wöchentlich) führte nach 68 Wochen zu einem Gewichtsverlust von bis zu 13,9 %. Die Sicherheit war bei allen Wirkstoffen ähnlich, wobei die meisten Nebenwirkungen gastrointestinaler Natur waren.
Welche Einschränkungen hatte die Studie?
Nur wenige Studien verglichen diese verschiedenen GLP-1-RAs miteinander. Die Forscher konnten nicht feststellen, ob ein Medikament wirksamer ist als ein anderes, da sich die in die Studien einbezogenen Patiententypen sowie die Art und Weise, wie die Behandlungen und Studien durchgeführt wurden, in einer Weise unterschieden, die den Gewichtsverlust beeinflussen könnte.
Welche Schlussfolgerungen hat die Studie gezogen?
Es gibt mehrere sehr wirksame GLP-1-RA-Medikamente zur Behandlung von Adipositas, darunter einige vielversprechende Optionen, die noch nicht von der FDA zugelassen sind.
Was ist, wenn die Behandlung versagt?
Bei ausbleibendem Behandlungserfolg müssen Betroffene natürlich Kontakt mit ihren Ärzt:innen, Ernährungsberater:innen, Sporttrainer:innen oder Psycholog:innen aufnehmen – keine Frage. Als Gesprächspartner auf Augenhöhe steht zudem Chris zur Verfügung, der hochspezialisierte KI-Chatbot zu Übergewicht und Adipositas von www.weniger-kg.de. Rund um die Uhr, einfühlsam, verständnisvoll – ideal als Begleiter in komplizierten Phasen des Abnehmens (weiter Infos zu Chris).
Quelle
• Moiz A, Filion KB, Toutounchi H, Tsoukas MA, Yu OHY, Peters TM, Eisenberg MJ: Efficacy and Safety of Glucagon-Like Peptide-1 Receptor Agonists for Weight Loss Among Adults Without Diabetes : A Systematic Review of Randomized Controlled Trials. Ann Intern Med. 2025 Feb;178(2):199-217 (DOI, Kurzfassung).
• NN: Summary for Patients: Efficacy and Safety of Glucagon-Like Peptide-1 Receptor Agonists for Weight Loss Among Adults Without Diabetes. Ann Intern Med. 2025 Feb;178(2):I19 (DOI, Volltext).
Bildnachweis
• Huha Inc. (unsplash.com).