Elek­tro­ni­sche Per­so­nen-Waa­gen – wie sie funk­tio­nie­ren

DMS-Wägezelle
DMS-Wäge­zel­le (Soehn­le Pro­fes­sio­nal)

Das zen­tra­le Ele­ment einer moder­nen elek­tro­ni­schen Waa­ge ist die Wäge­zel­le. Wäge­zel­len bestehen aus einem Kraft­auf­neh­mer (auch Kraft­sen­sor genannt) und einem Dehn-Mess­strei­fen (DMS), zusam­men auch als DMS-Wäge­zel­le bezeich­net.

Als Kraft­auf­neh­mer dient ein soge­nann­ter Feder­kör­per: Das ist ein geeig­net geform­tes Stück Metall, des­sen Grö­ße und/oder Form sich unter Kraft-Ein­wir­kung (Druck- und/oder Zug­kräf­te) ver­biegt und wie­der in die Aus­gangs­form zurück­kehrt, wenn die Belas­tung zu Ende ist. Die­se elas­ti­sche Ver­bie­gung, meist nur um Bruch­tei­le von Mil­li­me­tern, ähnelt einer Feder, daher die Bezeich­nung Feder­kör­per. Idea­ler­wei­se ver­lau­fen Kraft­ein­lei­tung und Ver­for­mung des Feder­kör­pers line­ar, das heißt, dop­pel­te Last = dop­pel­te Bie­gung.

Die elas­ti­sche Ver­for­mung des Feder­kör­pers wird mit Hil­fe eines Dehn­mess­strei­fen (DMS) erfasst, der auf den Feder­kör­per auf­ge­klebt ist. Die­ser Strei­fen ändert je nach Deh­nung oder Stau­chung sei­nen elek­tri­schen Wider­stand, was die Elek­tro­nik einer Waa­ge mes­sen kann.

Die kor­rek­te Zuord­nung von Gewicht und elek­tri­schem Wider­stand der DMS-Wäge­zel­le erfolgt bei der Jus­tie­rung. Wel­chen Wider­stand zeigt die Wäge­zel­le bei­spiels­wei­se bei lee­rer Waa­ge, wie groß ist der Wider­stand bei auf­ge­leg­ten 100 Kilo­gramm? Nach die­ser Jus­tie­rung kann die Waa­gen-Elek­tro­nik alle mög­li­chen Gewich­te inner­halb des Wäge­be­rei­ches anhand des gemes­se­nen Wider­stan­des errech­nen, wobei im eich­fä­hi­gen Bereich Unter­tei­lun­gen von bis zu 6.000 Schrit­ten erreicht wer­den.

Zur Bestim­mung des Kör­per­ge­wichts bei der Aus­übung der Heil­kun­de müs­sen geeich­te Waa­gen ver­wen­det wer­den.

Eich­fä­hi­ge Waa­gen müs­sen den gän­gi­gen Vor­schrif­ten ent­spre­chen und durch geeig­ne­te Maß­nah­men gegen zufäl­li­ge oder mut­wil­li­ge Mani­pu­la­ti­on gesi­chert sein. Die Prü­fung und Frei­ga­be eines Bau­mus­ters obliegt natio­na­len Prüf­in­sti­tu­ten wie der Phy­si­ka­lisch-Tech­ni­schen Bun­des­an­stalt PTB in Braun­schweig. Erst dann dür­fen bau­glei­che Waa­gen in Ver­kehr gebracht wer­den. Bei der Eichung wird jede ein­zel­ne Waa­ge auf Ein­hal­tung der Feh­ler­gren­zen über­prüft.

Die erheb­li­chen Unter­schie­de von Waa­gen sind Fol­ge der Qua­li­tät der ver­ar­bei­te­ten Mate­ria­li­en und Mess­ver­fah­ren. Ver­for­mun­gen las­sen sich theo­re­tisch bereits mit ein­fa­chem ver­form­ba­rem Blech mes­sen, dass nach der Mes­sung nur eini­ger­ma­ßen zurück­fe­dern muss. Bei der Fir­ma Soehn­le Pro­fes­sio­nal hin­ge­gen wer­den im eich­pflich­ti­gen Bereich Wäge­zel­len aus Spe­zi­al­le­gie­run­gen ver­wen­det (sie­he Abbil­dung). Die­se gewähr­leis­ten eine weit­ge­hend linea­re Ver­for­mung. Even­tu­el­le Unli­nea­ri­tä­ten oder Ver­zö­ge­run­gen beim Zurück­fe­dern („Hys­te­re­se“) wer­den, wenn nötig, in Pro­be­läu­fen ermit­telt und elek­tro­nisch kor­ri­giert.

Da sich Eigen­schaf­ten des Kraft­auf­neh­mer-Metalls unter Tem­pe­ra­tur-Ein­fluss ändern, kommt auch eine elek­tro­ni­sche Tem­pe­ra­tur-Kom­pen­sa­ti­on zum Zuge. So kön­nen die zuläs­si­gen Eich­feh­ler­gren­zen von plus­mi­nus 1,5 Zif­fern­schrit­ten ein­ge­hal­ten wer­den. Das heißt: Eine eich­fä­hi­ge 150-Kilo­gramm-Waa­ge löst in 3.000 Zif­fern­schrit­ten von 50 Gramm auf, wobei der erlaub­te Eich­feh­ler gera­de mal plus­mi­nus 75 Gramm beträgt. Wich­tig: Bei hoch­wer­ti­gen Waa­gen müs­sen zudem die Ecken gegen­ein­an­der abge­gli­chen wer­den, damit das Gewicht unab­hän­gig von der Posi­tio­nie­rung auf der Waa­ge immer gleich ange­zeigt wird.

Prin­zi­pi­ell arbei­ten alle elek­tro­ni­schen DMS-Wäge­zel­len-Waa­gen ähn­lich, wobei jedoch extre­me Qua­li­täts-Abstu­fun­gen exis­tie­ren. So arbei­ten die bil­li­gen Waa­gen manch­mal mit mecha­ni­schen Hebeln, die die Last auf eine zen­tra­le Wäge­zel­le umlei­ten. Oder sie besit­zen nur vier Ein­fachst-Wäge­zel­len in jeder Ecke der Waa­ge (aller­dings ist die Zahl der Wäge­zel­len nicht unbe­dingt ein Qua­li­täts­kri­te­ri­um). Klar ist auch, dass eine Waa­ge zum Ver­kaufs­preis von 15,- Euro, die in Ost­asi­en ver­mut­lich für nur einen Dol­lar her­ge­stellt wur­de, und unter Belas­tung mit 120 Kilo­gramm nicht gleich zusam­men­bre­chen soll, kaum beson­ders hohe Prä­zi­si­on lie­fern wird.

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Gesund­heits­be­ra­ter, Ber­lin, April 2016.
Bild­nach­weis
• Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung von Soehn­le Pro­fes­sio­nal.