Bei der Geburt wird der menschliche Dickdarm schnell von Darmmikroben kolonisiert. Aufgrund ihrer großen Zahl und ihrer Fähigkeit, Nährstoffe zu fermentieren und bioaktive Verbindungen abzusondern, wirken diese gastrointestinalen Mikroben als Umweltfaktor, der die Physiologie und den Stoffwechsel des Wirtes beeinflusst, insbesondere im Zusammenhang mit Übergewicht und den damit verbundenen Stoffwechselstörungen.
Experimente, die keimfreie und kolonisierte Mäuse verglichen oder den Einfluss von Nährstoffen analysiert haben, die die Zusammensetzung des Darmmikrobioms qualitativ verändern (nämlich Präbiotika), zeigten, dass Darmmikroben eine Vielzahl von Wirtsreaktionen in der Darmschleimhaut auslösen und damit die Barriere- und Hormonfunktionen des Darms kontrollieren. Darmmikroben beeinflussen auch den Stoffwechsel von Zellen in Geweben außerhalb des Darms (in der Leber und im Fettgewebe) und modulieren dadurch die Lipid- und Glukosehomöostase sowie die systemische Entzündung im Wirt.
Eine Reihe von Studien beschreiben charakteristische Unterschiede zwischen der Zusammensetzung und/oder Aktivität des Darmmikrobioms von mageren und übergewichtigen Personen. Obwohl diese Daten umstritten sind, deuten sie darauf hin, dass bestimmte Phyla, Klassen oder Arten von Bakterien oder bakterielle Stoffwechselaktivitäten für Patienten mit Übergewicht vorteilhaft resp. schädlich sein könnten. Das Darm-Mikrobiom ist daher ein potenzielles ernährungsphysiologisches und pharmakologisches Ziel bei der Behandlung von Adipositas und übergewichts-bezogenen Erkrankungen. (Kurzfassung)
Autoren
• Nathalie M Delzenne1, Audrey M Neyrinck, Fredrik Bäckhed, Patrice D Cani.
1Université catholique de Louvain, Brussels, Belgium. nathalie.delzenne@ uclouvain.be
Quelle
• Delzenne NM, Neyrinck AM, Bäckhed F, Cani PD: Targeting gut microbiota in obesity: effects of prebiotics and probiotics. Nat Rev Endocrinol. 2011 Nov;7(11):639-46 (Kurzfassung(en): DOI | PMID).
Bildnachweis
• barmaleeva (fotolia.com, 71126280).